Sieben Tipps für bessere Landschaftsfotos

Landschaften gehören zu den am meisten fotografierten Motiven. Trotzdem sieht man selten gute Fotos davon. Die häufigsten Fehler sind unter anderem: Zu viele Totalansichten, zu viel uninteressantes Beiwerk, ungeeignetes Licht oder keine gestalterischen Ideen. Mit folgenden Tipps gelingen bessere Aufnahmen!

Auf dem Abstieg vom Schnebelhorn (Kanton Zürich)  im Dezember. Blick nach Westen zum Pilatus.

1. Das richtige Licht suchen

Licht ist bei weitem das wichtigste Element eines Landschaftsfotos. Die tollste Landschaft bei harschem Mittagslicht fotografiert ist weniger spannend als ein langweiliger Ort in magischem Licht. Die Sonne im Rücken – eine überholte Regel – führt zwar zu ausgeleuchteten Motiven, aber das Bild wirkt flach, da Schatten fehlen. Für Landschaften ist deshalb seitlich einfallendes Sonnenlicht vorteilhaft. Hartes, direktes Streiflicht lässt Strukturen und Oberflächen deutlich hervortreten. Es schafft modellierende Schatten in der Landschaft, verstärkt Kontraste und betont Linien und Formen. Dies wirkt beispielsweise sehr ansprechend bei Dünen oder schroffen Bergen. Je tiefer der Sonnenstand ist, desto weicher und wärmer ist das Licht, weshalb dieses Licht sich besonders für liebliche Landschaften eignet. Neben der Goldenen Stunde bei Sonnenauf- oder untergang bietet auch die Blaue Stunde bei der Dämmerung oft magisches Licht mit tollen Farben. Mein Favorit sind die Stimmungen am Morgen. Die Morgendämmerung nach der dunklen Nacht bietet immer überraschende Fotomöglichkeiten, sei es eine Nebelschwade oder Reflexionen im spiegelglatten Wasser. Dem gegenüber wirkt die Mittagssonne meist langweilig. Vielleicht kannst du das Bild retten, indem du interessante Schatten in ihre Komposition einbeziehst. Auch ein Polarisationsfilter kann Abhilfe schaffen. Er vermindert das Streulicht in einer Landschaft und verstärkt dadurch die Eigenfarbe von Himmel und Vegetation. Der Filter wirkt vor allem bei direktem Sonnenlicht und vermag auch Spiegelungen auf Wasser zu minimieren und so die Wasserfarbe zu verstärken. Wolken und Regen sind zwar für die Stimmung des Fotografen nicht immer förderlich. Aber oft ergeben sich daraus fantastische Fotogelegenheiten die viel spannender sind als an einem wolkenlosen Tag, beispielsweise wenn ein Gewitter von dramatischen Wolken begleitet wird. Ein bedeckter Himmel ist bei vielen Landschaftsmotiven wegen mangelndem Schattenwurf eher langweilig, aber manchmal immer noch besser als ein ungünstiger Sonnenstand. In Wäldern oder Schluchten hingegen mache ich bei bedecktem Himmel die besten Fotos, wie übrigens auch in der Makro- oder Porträtfotografie. Beobachte einmal ganz bewusst, wie komplett unterschiedlich sich eine Landschaft zeigt, wenn sie zu verschiedenen Zeiten, bei unterschiedlichem Licht oder anderem Wetter fotografiert wird. Vielleicht erwägst du dann, noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt zurück zu kommen. Mit etwas Vorstellungskraft kannst du beurteilen, wie die wandernde Sonne auf dein Motiv wirkt. Dabei können auch digitale Tools helfen wie beispielsweise die Apps The Photographers Ephemeris oder Focalware.

2. Sich für ein Hauptmotiv entscheiden

Dieser Ratschlag scheint banal, aber manchmal macht man ein allgemeines Landschaftsbild ohne klares Hauptmotiv. Du musst dich entscheiden, was genau das Tolle an der Landschaft ist. Was zieht deine Aufmerksamkeit auf sich, was ist interessant oder markant. Versuche es zu beschreiben. Was ist toll am See? Die Reflexion auf dem Wasser? Die Form des Sees oder die herrschende Ruhe und Harmonie? Ist es der Seegrund bei einem klaren See? Sind es die Farben des Sees? Indem du dir das bewusst machst, kannst du dich dann darauf konzentrieren, mit allen fotografischen Mitteln auf diese Bildaussage hin zu arbeiten. Später kann auch ein anderes Hauptmotiv dazukommen. Aber wenn mehrere Motive im gleichen Bild sind, ist keines das Hauptmotiv und das Bild wird wieder zu generell, um interessant zu sein.

3. Den passenden Hintergrund auswählen

Nun überlegst du dir, was hinter dem Hauptmotiv ist. Unruhige und unpassende Elemente im Hintergrund können ablenken und ein sonst gutes Bild ruinieren. Hier ist es wichtig, mit der Perspektive zu arbeiten. Du musst einen Winkel finden, um dein Motiv ohne ablenkende Elemente im Hintergrund zu fotografieren. Verschiebe deinen Aufnahmestandpunkt und mache mehrere Aufnahmen, mal mit Weitwinkel- (mehr Hintergrund), mal mit dem Teleobjektiv (Ausschnitt des Hintergrunds). Versuche mal von unten nach oben zu fotografieren, sodass der Hintergrund mehr vom Himmel dominiert wird. Bei dramatischem Himmel und interessanten Wolkenformationen wirst du den Horizont im unteren Bilddrittel platzieren wollen. Die Wirkung des Himmels kann weiter verbessert werden durch die Verwendung von Filtern, beispielsweise Polarisations- oder Grauverlauf-Filter. Oder beziehe die Sonne mit ins Bild ein. Wenn du abblendest, entsteht bei einem Weitwinkel meist ein fotogener Sonnenstern. Wenn du von einem erhöhten Standpunkt nach unten fotografierst, wird der Hintergrund weniger vom Himmel aber mehr von der Landschaft oder vielleicht einer ruhigen Struktur derselben bestimmt. Ziel muss es insgesamt sein, dein Hauptmotiv möglichst freizustellen und hervorzuheben. Vermeide also, dass das Motiv mit Bereichen ähnlicher Farbe oder Helligkeit im Hintergrund ungünstig verschmilzt und so an Deutlichkeit verliert.

4. Einen interessanten Vordergrund finden

Meist hat man erst das Hauptmotiv und den Hintergrund und muss nachher herumrennen, um ein geeignetes Vordergrund-Element zu finden, welches das Hauptmotiv und den Hintergrund passend ergänzt und zu ihm führt. Klar, es braucht nicht immer einen Vordergrund. Bei guter Lichtstimmung oder Komposition kann Motiv und Hintergrund völlig für ein gutes Bild ausreichen. Ein Vordergrund sollte deshalb nicht um seiner selbst gesucht werden. Aber ein guter Vordergrund kann eine sonst langweilige Landschaft wesentlich aufwerten, beispielsweise bei einem faden Himmel. Lege dann den Horizont ins obere Drittel und schenke so dem Vordergrund mehr Beachtung. Suche nach interessanten, anziehenden Elementen in der unteren Hälfte des Bildes welche einen visuellen Einstieg ins Bild erleichtern. Vielleicht findest du virtuelle Linien, welche zum Hauptmotiv führen. Dies gelingt einfacher, wenn du mit dem Weitwinkel fotografierst. So kannst du den Vordergrund betonen und die Landschaft räumlicher und weiter wirken lassen. Achte dabei auf ausreichende Schärfentiefe, indem du abblendest und allenfalls ein Stativ einsetzt. Die Schärfe muss dabei etwas hinter den Vordergrund gesetzt werden. Als Faustregel dehnt sich die Schärfentiefe ein Drittel davor und zwei Drittel dahinter aus. So bringst du sowohl Vordergrund als auch Hintergrund scharf. Schliesslich kannst du durch den Einbezug von bekannten Vergleichsobjekten wie z.B. Menschen, Tiere oder Häuser die Dimension einer Landschaft unterstreichen.

5. Eine ansprechende Komposition kreieren

Komposition ist, wo alles künstlerisch zusammenkommt. Du magst ein atemberaubendes Motiv im Sucher haben und mit einem sensationell farbigen Himmel gesegnet sein. Aber wenn du dies in einer saloppen und wenig inspirierenden Komposition verbindest, vermasselst du das Bild. Maler beginnen ein Bild auf einer weissen Leinwand und fügen dann Element für Element dazu. Fotografen wird hingegen eine Szene übervoll von Details präsentiert und müssen nun sorgfältig alle unwichtigen und vom Hauptmotiv ablenkenden Elemente eliminieren, bis nur noch die wichtigsten bleiben. Dann müssen diese Elemente so arrangiert werden, um eine interessante grafische Komposition zu erreichen. Dazu musst du auf Punkte, Linien und Formen achten, auf Farben, Muster und Rahmen. Weniger ist mehr. Konzentriere dich auf das Wesentliche der Landschaft und lasse alles Unnötige und Unwesentliche weg. Je mehr auf einem Bild zu sehen ist, desto mehr wird allenfalls das Bildwichtige verwässert. Eine sorgfältige Komposition wird wesentlich erleichtert, wenn du mit dem Stativ und allenfalls einer Wasserwaage arbeitest. So kannst du den Bild-Ausschnitt auf sich wirken lassen und alle Ecken kontrollieren. Beachte geeignete Formen in der Landschaft und ziehe diese bewusst ins Bild ein. Dies können Diagonalen, Ovale oder S-Linien sein, wie beispielsweise Strassen, Täler, Canons, Felder oder Fliessgewässer. Linien sind sehr wirkungsvolle Elemente, um den Betrachter in das Bild hinein und darin herumzuführen. Sie geben dem Bild Tiefe, eine Dimension und können auch selbst das Hauptmotiv bilden. Sie strukturieren das Bild und hilft dem Auge, sich zurecht zu finden. Visuelle Führungslinien können auch entstehen, wenn du mit einem Ultra-Weitwinkel nahe am Boden fotografierst. Beachte bei der Komposition die Drittelregel. Platziere das Motiv oder den Horizont also nicht in der Mitte, sondern in den Dritteln, ausser du möchtest Ruhe, Harmonie und Langweiligkeit betonen. Sind lebendige Farben im Bild, müssen sie durch eher dunkle oder farblose Bereiche in der Balance gehalten werden. Experimentiere einfach mal drauflos!

6. Dynamik ins Bild bringen

Wenn Leute an Landschaften denken, so kommen den meisten eher ruhige, friedliche und passiv wirkende Bilder in den Sinn. Aber Landschaften sind nie wirklich unbewegt. Indem wir windzerzauste Bäume, windbewegte Gräser, Wellen am Strand, Wasserwirbel oder -fälle in einem Bach oder Fluss, überfliegende Vögel oder sich bewegende Wolken im Bild einfangen, können wir etwas Dramatik und Stimmung ins Bild bringen und es noch interessanter zu machen. Um diese Bewegung einzufangen, müssen wir mit längeren Verschlusszeiten arbeiten – manchmal mehrere Sekunden. Dies geht in der Dämmerung problemlos mit einer geschlossenen Blende, am hellen Tag ist allerdings zusätzlich ein Graufilter nötig, um die Lichtmenge zu reduzieren. Suggestion von Bewegung ist nur ein Mittel, um etwas Dynamik ins Bild zu bringen. Das Ziel einer erfolgreichen dynamischen Komposition ist, das Auge des Betrachters ins Bild zu ziehen und so lange wie möglich im Bild festzuhalten. Ein dynamisches Landschaftsbild bricht aus der zweidimensionalen Welt aus, vermittelt uns einen räumlichen Eindruck und zeigt uns die Dimensionen und Kraft der natürlichen Welt. Mittel für mehr Dynamik und Räumlichkeit im Bild sind auch wie oben erwähnt ein starker Vordergrund oder führende und konvergierende Linien. Sie kreieren die Illusion der Tiefe im 2D-Medium. Und wie auffällige Farben ziehen sie die Aufmerksamkeit auf sich.

7. Agil und aufmerksam bleiben

Erkunde die Umgebung und experimentiere mit verschiedenen Ansichten. Du wirst bestimmt einen einzigartigen Standpunkt finden der besser ist, als der „offizielle Aussichtspunkt“. Bist du dann am Fotografieren, bleibe aufmerksam! Mir ist es früher oft passiert, dass ich mich so stark auf das tolle Motiv konzentriert habe und dabei die Welt rundherum vergessen habe. Im Verlauf eines Sonnenaufgangs kann hinter meinem Rücken das nächste tolle Motiv (Lichtstimmung) warten, oder während dem Gewitter sich plötzlich ein dramatischer Regenbogen auf der anderen Seite bilden. Es ist also nicht immer das offensichtliche Bild (z.B. Die Aussicht) das beste. Lerne, die Welt ständig und intensiv zu beobachten, auch hinter dir!

Mehr Tipps zur Landschaftsfotografie im Kurs Reisefotografie 2 – Weitere Tipps und Tools.